Die Berstädter Hausnamen in der dörflichen Gemeinschaft
[1]
von Eugen Rieß
Anfänglich
hatte Willy Roth mit seiner Nachbarin Marianne Wolff Hausnamen
zusammengetragen und heutigen Adressen zugeordnet. Weitere, sehr
ausführliche Auskünfte und Ergänzungen stammen von Erich Storck.
Besonders Erich Storck hat 2009 im Rahmen der Schilderaktion des AKD
diese Namen und Adressen gründlich überarbeitet und auf breite Basis
gestellt. Schließlich hat ein Kompetenzteam des AKD Berstadt die
jetzige Hausnamenliste erarbeitet: nämlich Walter Acker, Friedel
Hinkel, Eugen Rieß, Willy G. Roth und Erich Storck. Zudem hat Günther
Schön unsere Arbeit intensiv unterstützt.
Dörfliche
Gemeinschaften leben von der Identität und Individualität ihrer
Mitglieder. Vieles davon bleibt Außenstehenden und Ortsfremden
verborgen. Dazu gehören die Haus-, Neck- und Übernamen. Manche Personen
kennt man nur unter ihrem "Unoame" (Unnamen) und mancher Einheimischer muss
schon sehr genau überlegen, wie heißt denn "Der" oder "Die"
jetzt eigentlich richtig.
Berstadt ist ein Dorf, in dem noch immer die Hausnamen blühen, und es wäre eine
große Lücke, wenn man diese vergessen würde. Sicherlich, nicht immer
freut man sich darüber, vor allem, wenn man seit Generationen diese "Last"
mit sich herum schleppt. Der Ursprung ist meist vergessen, der Hausname
hat ein Eigenleben entwickelt, welches teilweise die Jahrhunderte
überlebt. Manche Namen kann man auch nicht als "Schmeicheleinheit" betrachten,
manche charakterisieren zutreffend.
Die
zusätzliche Belegung mit einem Hausnamen ist bei der Namensgleichheit
unter vielen eingesessenen Berstädter Familien eigentlich ein Muss. Ob
Wolf oder Wolff, Diefenbach oder Dieffenbach, gesprochen werden alle
Nachnamen gleich. Auch wenn jemand Roth, Müller oder Storck heißt,
müssen schon zusätzliche nähere Bestimmungen gegeben werden, um den
richtigen Namensträger ausfindig zu machen. In der Zeit um 1700
beginnen die Rechner von Kirche und Gemeinde relativ konsequent, die
Wohngegend anzugeben. Oberdorf, Unterdorf und Zingeldorf werden
zusätzlich zur genaueren Bestimmung vermerkt. Dann bilden sich die
heutigen Hausnamen heraus. Nur wenige Hausnamen sind länger als 250
Jahre nachweisbar.
Vorgänger der Hausnamen waren die
Hauszeichen, die sich aber nur noch in wenigen Gegenden Deutschlands
erhalten haben, z.B. auf der Insel Hiddensee.
Hausnamen stammen
ursprünglich aus einer Zeit, in der es keine Hausnummern gab. Erst in
der Zeit der Franzosenkriege wurden die Häuser fortlaufend für den
ganzen Ort nummeriert. In den großen Städten geschah dies etwas früher,
in Frankfurt am Main 1761. Berstadt hatte 1805 immerhin 169 Häuser und
230 Familien. 775 Menschen lebten damals im Dorf, 769 Lutheraner und 6
Juden.
Wenn nun ein Haus auf
einem neuen Bauplatz errichtet wurde, wurde die nächste freie Nummer
vergeben. Stand auf dem Hof bereits ein Haus, angenommen mit der Nr.
42, und wurde daneben ein neues errichtet, so erhielt das neue Haus die
Nummer 42 A.
Mit wachsenden Bevölkerungszahlen,
meist erst nach dem 1. Weltkrieg, wurden die Hausnummern nach
Straßenamen geordnet. Trotzdem hat sich die Tradition der Hausnamen in
Berstadt in einer unglaublichen Fülle bewahrt. Es sind selbst im 20.
Jahrhundert noch neue entstanden.
Häufig geben diese Namen
Auskunft über die Berufe oder Vornamen der ehemaligen Besitzer, über
den Standort des Anwesens im Dorf, über Nach- und Spitznamen. Wie in
ganz Ober- und Mittelhessen wurden auch in Berstadt die Hausnamen
zumeist in weiblicher Linie weitergegeben.
Um die Hausnamen des
Ortes deutlicher in das Bewusstsein zu rücken, hat der AKD im Jahre
2009, eine Aktion Alte Berstädter Hausnamen gestartet.
Hausnamen
[2]
sind deutlich von Häusernamen zu unterscheiden. Solche Häusernamen sind
Wirtshausnamen oder Gebäude mit besonderer Funktion wie Ald Schoul oder Jirreschoul. Dies gilt ebenso für die Foarb. Dort befindet sich der Mainzer Hof. Das ist der Häusername, aber der Hausname ist Väthe.
Die
folgende Liste der Berstädter Hausnamen ist kein Grund, sich zu ärgern.
Wer darin vorkommt, ist herausgehoben. Wenn einer aber sich und seinen
Hausnamen vermissen sollte, dann war es wirklich nicht beabsichtigt.
Auch ein Autor lebt von dem Erinnerungsvermögen seiner Informanten.
Dieser Artikel ist nicht in böser Absicht geschrieben.
[1]
Der Artikel stellt eine Überarbeitung des Kapitels, Haus- und Übernamen
in dörflicher Gemeinschaft, aus Rieß, Roth, Berstadt, Menschen und
Geschichte, Bd. 2, S. 438 ff dar.
[2]
Zur Definition von Hausnamen vgl. Kunze, Konrad; dtv-Atlas Namenkunde. S. 177, zu Häusernamen, a.a.O., S. 105