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Der Hexenwahn erfaßte auch Berstadt
 

 

Der Hexenwahn, welcher jahrhundertelang in Europa wütete und eine sehr große Zahl an Opfern forderte, wütete auch in den Orten der heutigen Großgemeinde Wölfersheim, lediglich Wohnbach scheint nicht betroffen gewesen zu sein. In unserer Gegend war es vor allem die Grafschaft Hessen-Bingenheim mit den Orten Echzell und Bingenheim, die sehr unter der Hexenverfolgung litt. Diese Prozesse strahlten aufgrund der politischen Verbindung nach Berstadt, aber auch nach Melbach aus. Wölfersheim wird durch Hexenverfolgungen in Hungen und Braunfels-Greifenstein betroffen. Die meisten nachweisbaren Opfer forderte dieser Wahn in Södel, wobei uns allerdings keine Namen bekannt sind. Die Hexenverfolgungen begannen im Mittelalter und waren dann besonders in der Zeit von Reformation und Gegenreformation auch ein Mittel Andersgläubige zu verfolgen oder Untertanen zu disziplinieren. Häufigste Vorwürfe waren Teufelsbuhlschaft und Sodomie. Die beiden Inquisitoren Institoris und Sprenger veröffentlichten 1487 ein "Lehrbuch" über die Hexenverfolgung, den sogenannten "Hexenhammer", lateinisch: "malleus maleficiarum." Da nach damaligen Recht nur der schuldig gesprochen werden konnte, der sich auch schuldig bekannte, wurde das Geständnis mittels Folter erzwungen. Nur sehr wenige Menschen konnten der Tortur widerstehen und so verriet man unter der Hand des Henkers alles und jeden. Da bei den Folterungen Unmengen an Alkohol und Essen von dem Gericht auf Kosten der Deliquenten verkonsumiert wurden, führten die Kosten die Hinterbliebenen in den Ruin.
Die einzig bekannte zentrale Hinrichtungsstelle in unserer Gegend befand sich für die Fuldische Mark in Bingenheim auf dem "Löwbusch" Am Ende eines Hexenprozesses stand meist der Tod.

 

Hexenverfolgung in Berstadt:

 


War man bisher davon ausgegangen, daß Berstadt nicht in die Hexenprozesse der Fuldischen Mark verwickelt war, so zeigt sich nach neuesten Veröffentlichungen und einer intensiven Auswertung der Archive eine doch beträchtliche Zahl Berstädter von dieser Prozeßlawine betroffen.
Nach einer seit langem bekannten Notiz war bekannt, daß ein gewisser Hans Rau aus Berstadt als erster dem Hexenwahn zum Opfer fiel: "Anno 1652, den 31. Maii ist das Hochgericht bey Bingenheim in der Wetteraw, die Fuldische Mark genant, auf dem Löwbusch aufgerichtet, und an folgenden Personen die Execution geschehen: Anno 1652, den 31. Maii wurde Hanß Rauw von Berstadt als erster daselbst gerichtet..."
Im Verhör vom 03.08.1653 belastet sich selbst und andere Cathrin, die Frau des Georg Mock, "Anna Häuserin hat, mit Hülff Georg Mocks frau und anderen, dem langen Adam zu Melbach ein Kind verzaubert daß es gestorben... Auch darbey geweßen und von der Salben bekommen, so Crein Bopp Heinrich Eichelmanns umgebrachten Kind hertz und gelüng gemacht."
Bereits seit dem 6. August 1653 laufen die Vernehmungen gegen die Witwe des Steffan Hans, Gela, aus Echzell, welche die Türkin genannt wird. Sie wird zwei Tage später u.a. durch den Müller Heinrich Eichelmann, welcher später den Mainzer Hof in Berstadt kauft, am 08.08.1653 belastet; besonders wirft er ihr den Tod seiner 18 Wochen alten Tochter vor, welche am 06.01.1653 verstarb. Am 12.08. wird die Türkin brutal gefoltert, aber nachdem sie mehrere Stufen der Tortur übersteht, gesteht sie, was man von ihr hören will, aber sie vermeidet es, Namen zu nennen. "Gefragt: wer ihre Complices weren? Zu Echtzell, Gettenau, Bingenheim, Berstatt zaubern können. Sie kenne niemanden... Hierauff die Beinschrauben ihr wiederum angelegt, pleipt darbey. Auffgezogen. Pleipt allerdings dabey..." Schließlich kommt es zu dem sonst nirgends überlieferten Fall, daß der Echzeller Pfarrer Soldan selbst das Verhör übernimmt.
1653 wird außerdem Michael Lotz aus Echzell in die Prozesse hineingezogen, weil bereits seine Mutter und deren Schwester als Hexen verdächtigt wurden; die Mutter war zwar im 30jährigen Krieg verstorben, aber die Tante fällt der 1. Prozeßlawine zum Opfer. Auf der Folter belastet er am 31.10.1653 eine große Zahl Einwohner aus der Fuldischen Mark, u.a. auch die Frau des Grund-Schwalheimer Müllers Johann Eichelmann, jedoch niemand aus Berstadt, obwohl er ausdrücklich danach befragt wird: "Auß Berstett: kenne Niemands, mögten zwar da seyn."
Zeitgleich verlaufen ab August 1653 die Verhöre gegen das Kind Anna Maria Bopp, welches nun die Mitglieder der Familie Eichelmann in erheblichem Maße belastet: "daß Johannes der Jäger uff Eichel Henrichs des Müllers dochter zu Schwalheim der Hexerei halber bey ihnen inquirirt und nachgeforscht mit vermeldung, daß er dieselbige zu heurathen willens sey... Der Knorr Georg aber undt die Burgh gela ihm gesagt, Sie hetten selbige ufm Hexentantz gesehen, seindt auch auff dieser ihrer aussage bestaden." Bereits bei dem ersten Foltergrad gesteht das Mädchen, was man von ihr hören will und belastet dabei mit dem Vorwurf der Teufelstaufe: "Eichel Johann Frau und ihre dochter Elbet."
In dem letzten Verhörprotokoll des Mädchens heißt es am 08.12.1653: "zweifelt auch an Eicheljohann dochter Elbet..."
1654 wird der 5 Jahre alte Johann Philipp, ein Metzgerbube aus Berstadt, in den Protokollen mit folgendem Zauberspruch zitiert: "Nach dem Gebet: Gülden Ringe umb den Finger, lederne Hosen, zerbrochene Nestel hin in Teuffels Nahmen, darnach man in Seidenfäden Fliegen thäte, würden Kröten daraus, und könnte man Schösser machen."
Massiv sind die Anschuldigen des Angeklagten Henrich Frankenberger, genannt Benner, aus Echzell gegen eine Berstädterin, die allerdings z.Zt. von Benners Aussage am 31.03.1655 bereits verstorben ist: "Ja, durch ein weibssmensch von Beerstadt Sauerhänssen Dochter, so verstorben, seye er darzu verführt worden ... vor nunmehr 18 jahren, alss er im felde zun schaafen wollen und das Mensch von Wülfersheim nach Berstatt gangen." Schließlich gesteht Benner einen Schadzauber im Berstädter Feld, als er angeblich durch Frost die Frucht 1651 verdarb. Außerdem beschuldigt auch er die Tochter Elisabeth des Johannes Eichelmann. Diese sei bei der letzten Walpurgisnacht auf dem Breul bei Echzell dabei gewesen.
In die Prozesse der sogenannten Besenkunigund, Frau des Johann Weigelt, werden am Mittwoch, den 18.07.1655 erneut Berstädter in die Hexenprozesse verwickelt: "Vor 15 Jahren ohngefehr, alß Pfannkuchen hier gelegen und die leute außgeflehet geweßen, (gemeint ist, daß um 1640 Berstadt menschenleer war) hette sie inquisitin Hartmann Storcken dochter Elß ihrem Kindlein, ein Medlein, so sie mit ihrem itzigen Ehemann Hanß Neb von Berstatt außer Ehe gehabt vergeben hier zu Bingenheim." In aufgeklärten Ländern nahm die Hexenverfolgung seit dem 17. Jahrhundert rasch ein Ende. 1610 endete in Holland der Wahn , 1684 wurde in England die letzte Hexe hingerichtet, in Deutschland allerdings erst 1775 in Kempten.

 

 


Text: Eugen Rieß

Fotos: Willy Roth

 

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